Sensitive Pflege von Inkontinenz-Patienten

Weltweit leiden ungefähr 23 % aller Erwachsenen an der einen oder anderen Form von Harninkontinenz1. Circa die Hälfte dieser Patienten benötigen entweder Betreuung zuhause oder in einer Pflegeeinrichtung2.  

Pflegen Sie jemanden mit Harninkontinenz? Wenn ja, finden Sie diesen Artikel sicher hilfreich. Hier werden wir Techniken zur verbesserten Patientenbeobachtung sowie Tipps zur patientenorientierten Pflege ansprechen.   

Mit allen Sinnen beobachten 

Eine genaue Beobachtung findet nicht nur mit den Augen statt. Beobachten heißt auch einschätzen und auswerten.  

Pfleger haben meist den ersten visuellen Kontakt mit dem Patienten. In einem klinischen Umfeld sehen die Krankenschwestern den Patienten meist noch vor dem Arzt. In Pflegeeinrichtungen oder bei der Heimpflege haben die Patienten meist ausschließlich Kontakt mit dem Pfleger. Dies bedeutet, dass die gründlichsten Beobachtungen bei der Gesundheitsfürsorge die der Krankenschwestern und der Pfleger sind. Nachstehend finden Sie einige Tipps zur effektiven Beobachtung von Harninkontinenz-Patienten. 

  1. Vermeiden Sie körperliche Nähe so weit wie möglich: Beschränken Sie Untersuchungen auf den Behandlungsraum oder einen anderen dafür geeigneten Ort, wie zum Beispiel das Schlafzimmer oder das Badezimmer3. Dadurch wird die Privatsphäre des Patienten geschützt und ein Beobachtungsumfeld geschaffen, das dem Patienten ein Gefühl der Geborgenheit gibt. 
  2. Reduzieren Sie den körperlichen Kontakt auf ein Minimum4. Körperliche Berührung kann ein wichtiger Bestandteil bei der Beobachtung sein und sollte nur zu diesem Zweck eingesetzt werden. Wenn Sie den Patienten berühren, erklären Sie ihm den Grund dafür und warum dieser Kontakt absolut notwendig ist. Beispiel für einen notwendigen Körperkontakt sind zum Beispiel das Wechseln eines Inkontinenz-Pads oder eine routinemäßige Sauberkeitskontrolle. 
  3. Privatsphäre muss privat bleiben5. Ihre Patienten sollten sich in Ihrer Pflege sicher und wohl fühlen, geben Sie jedoch nicht zu viel Persönliches von sich preis. Ebenso sollten Sie den Patienten nicht nach persönlichen Informationen fragen, die er vielleicht nicht offenbaren möchte. Der Harninkontinenz-Patient muss sich bereits während der Behandlung „entblößen“, was die Bewahrung seiner übrigen Privatsphäre umso wichtiger macht.  
  4. Wenn Sie mehrere Patienten haben, teilen Sie Ihre Zeit so gleichmäßig wie möglich unter ihnen auf6. Jedem Patienten dieselbe Aufmerksamkeit zu schenken mindert die Gefahr, etwas zu übersehen oder bestimmte Patienten bevorzugt zu behandeln. 
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Ganzheitliche Aufmerksamkeit für Ihre Patienten 

Dem Mediziner Neil Baum zufolge ist der Pflegeberuf heute fast mit einem Beruf im Dienstleistungsgewerbe gleichzusetzen: Patienten benötigen nicht nur rein medizinische Versorgung, sondern eine Behandlung, die auch Ihre emotionalen Bedürfnisse berücksichtigt7

Laut Baum geschieht der Übergang von der traditionellen Gesundheitsfürsorge zu einer proaktiven, patientenorientierten Einrichtung in zwei einfachen Schritten: erstens die Beobachtung und zweitens aufgrund dieser Beobachtung vorhersehen zu können, was als Nächstes geschehen wird. Im folgenden Abschnitt haben wir zusammengefasst, worauf das Pflegepersonal bei Inkontinenz-Patienten achten sollte, und wie diese Informationen gesammelt werden können.  

Fragen vorhersehen 

  1. Geben Sie Ihrem Patienten ein Aufklärungsblatt mit den wichtigsten Fragen zum Thema Inkontinenz oder zu anderen damit verbundenen Gesundheitsthemen wie zum BeispielFettleibigkeit und Alzheimerkrankheit. Haben Sie Verständnis dafür, dass Ihre Patienten eventuell Fragen außerhalb dieser Themenbereiche haben und bereiten Sie sich darauf vor, diese nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten. 
  2. Klären Sie den Patienten über alternative Behandlungsmethoden für Harninkontinenz auf, wenn er sich dem Standardprotokoll wiedersetzt. Erklären Sie dem Patienten jede einzelne Behandlungsoption und helfen Sie ihm, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Schneiden Sie auch Veränderungen des Lebensstils an, die sich positiv auf die Blase auswirken, wie zum Beispiel den Kaffeekonsum einzuschränken. 

Emotionen vorhersehen 

  1. Informieren Sie sich über das Umfeld des Patienten. Ist Ihr Patient männlich oder weiblich? Ist Ihr Patient berufstätig? Lebt er oder sie allein oder mit Familie? Das Umfeld eines Patienten ist entscheidend bei der Einschätzung seines Falles. Orientieren Sie sich an diesen Daten, vor allem, wenn es sich um einen neuen Patienten handelt. 
  2. Falls Sie denselben Patienten bereits einmal betreut haben, erinnern Sie sich an Reaktionen zu vergangenen Behandlungen. Ein fundiertes Verständnis Ihres Patienten ist ausschlaggebend, um seine Reaktionen zu verstehen. Dieser Vorgang ist zeitintensiv und verbessert sich nur anhand der gesammelten Erfahrungen. 

Einfühlsame Pflege 

Früher sahen medizinische Fachkräfte ihre Patienten in erster Linie als Subjekte: Man beobachtete, erfasste Daten und erstellte Diagnosen. Krankenschwestern und Ärzte tun dies auch heute noch, wurden aber in den letzten Jahren zu einer einfühlsameren Herangehensweise angehalten. 

Auch die einfühlsame Pflege kombiniert die Observation und das Zuhören, jedoch mit einer Portion Mitgefühl. Hier finden Sie einige Vorschläge für einen einfühlsameren Umgang mit Inkontinenz-Patienten. 

  1. Klären Sie den Patienten über Harninkontinenz auf8. Sprechen Sie mit ihm über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten sowie über Veränderungen der Lebensweise und Kosten, die mit Inkontinenz verbunden sind. Durch die Aufklärung des Patienten über seine Krankheit wird eine Kommunikationsebene geschaffen, die so denAnpassungsprozess erleichtern kann9.  
  2. Informieren Sie den Patienten darüber, wie bestimmte Behandlungen die Inkontinenz beeinflussen. Erklären Sie ihm zum Beispiel, wie Blasentraining dazu beitragen kann, Harndrang oder Harnverlust auf ein Minimum zu reduzieren. Veranschaulichen Sie, wie ein gesunder Lebensstil Inkontinenz-Symptome reduzieren kann.     
  3. Respektieren Sie die Individualität Ihres Patienten. Mehr als die Hälfte aller Inkontinenz-Patienten leben selbstständig in den eigenen vier Wänden10. Obwohl sie keine medizinischen Kenntnisse haben, haben sie doch das Recht, frei zu entscheiden, welchen Behandlungsweg sie einschlagen möchten. 
  4. Versetzten Sie sich in die Lage des Patienten. Vor allem, wenn Sie den Patienten gut kennen, versuchen Sie, sich in seine Lage zu versetzen und seinen Standpunkt zu verstehen. 

Ontex widmet sich seit 40 Jahren der Aufgabe, Pflegern und Pflegeeinrichtungen die besten Ressourcen für die Pflege von Inkontinenz-Patienten bereitzustellen. Auf unserem Pflegeportal finden Sie weitere Ratschläge zur bestmöglichen Patientenpflege. Um mehr zu unseren Produkten zu erfahren, klicken Sie bitte auf den unten stehenden Link.   


1 Integrated care for older people (ICOPE). “Evidence profile: urinary incontinence.” World Health Organization, 2017. Source: https://www.who.int/ageing/health-systems/icope/evidence-centre/ICOPE-evidence-profile-urinary-incont.pdf

2 I. Milsom. “How Big is the Problem? Incontinence in Numbers.” Global Forum on Incontinence, 2011. Source: http://www.gfiforum.com/Upload/43b34997-7408-4fa6-9547-72488e668060/I%20Milsom%20-%20Incontinence%20in%20numbers.pdf

3 V.K. Aravind, V.D. Krishnaram, & Z. Thasneem. “Boundary Crossings and Violations in Clinical Settings.” Indian Journal of Psychological Medicine, Jan.-Mar. 2012. Source: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3361837/

4 Ibid. 

5 Ibid. 

6 Ibid. 

7 N. Baum. “Improve the patient experience with anticipatory patient service.” KevinMD, 15 Mar. 2017. Source: https://www.kevinmd.com/blog/2017/03/improve-patient-experience-anticipatory-patient-service.html 

8 M. Malugani. “Five Tips for Culturally-Competent Nursing.” Monster, n.d. Source: https://www.monster.com/career-advice/article/culturally-competent-nursing 

9 L. Korsbek. “Illness insight and recovery: how important is illness insight in peoples’ recovery process?” Psychiatric Rehabilitation Journal, Sep. 2013. Source: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24059633 

10 I. Milsom. “How Big is the Problem? Incontinence in Numbers.” Global Forum on Incontinence, 2011. Source: http://www.gfiforum.com/Upload/43b34997-7408-4fa6-9547-72488e668060/I%20Milsom%20-%20Incontinence%20in%20numbers.pdf